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Love: Rezension

3.371 Byte hinzugefügt, 09:39, 25. Mai 2010
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Wenn ich Love lese, werde ICH zum Gomer, der seine Welt verlässt. Mein Pool liegt zwischen zwei Buchdeckeln.
 
 
==[[Benutzer:Winterspecht|Winterspecht]] ( 5 / 5 )==
 
Ein grandioses Buch!
 
Wieder ist es ein Reich der Gedanken- und Empfindungswelt - eine Welt gleich nebenan, die King hier in sein Werk einflicht. Kings Stärke liegt in der Gestaltung uralter Mythen und Märchen, die der Menschheit seit Urzeiten gehören, Motive, die nichts anderes sind als psychische Dimensionen, die uns alle einen. Die Faszination dieser so traumhaft-wirklich erscheinenden Welten (wir glauben, dass es sie nicht gibt, aber wir sind uns niemals wirklich sicher; mehr noch: wir gehen manchmal sogar so weit, zu glauben, dass es sie geben könnte) liegt nicht zuletzt darin, dass wir uns eine materielle und kalte Welt erschaffen haben. Wir wissen instinktiv, dass wir damit auf dem Holzweg sind in einer Zeit, da selbst die Wissenschaft zugeben muss, vor unglaublichen Rätseln zu stehen. Kurz: unser Weltbild wankt erheblich. Und das schon seit vielen Jahrzehnten. Vielleicht nehmen uns die Schilderungen, etwa von [[Boo'ya Mond]], so gefangen, weil wir uns erinnern können, weil wir es wiedererkennen.
 
Am Schönsten drückt King sei eigenes Dasein mit folgenden Worten in die Zeilen des Buches:
"Zwei Dinge haben ihm (Scott) Bodenhaftung verliehen und ihm vor dem Long Boy (persönlicher Tod) gerettet. Das Schreiben ist eines davon. Das andere hat eine Taille, um die er die Arme legen, und ein Ohr, in das er flüstern kann."
 
Ein Schlüsselsatz des Romans, XI, 14:
"Diese Erinnerung handelte davon, dass sie kurz vor Tagesanbruch im Bett ihrer Schwester Amanda aufgewacht war und festgestellt hatte, dass Vergangenheit und Gegenwart sich fast untrennbar vermischt hatten."
 
So wie sich Lisey an dieser Stelle ihrer gedanklichen Reorganisation fühlt, liest sich dann auch das Buch, das nicht wenige Reminiszenzen an Autoren enthält, die King hier deutlich beeinflusst haben. Wir werden an Faulkner erinnert, wenn wir es mit den Slang-Ausdrücken zu tun bekommen (die neben der Privat-Sprache der Liebenden eine eigene Dimension bekommen).
Das lineare Erzählen (das in der Literatur ohnehin längst kein Thema mehr ist) hat King hier zugunsten einer modernen Erzählweise aufgegeben. Die Unterkapitel werden kaum beendet sondern rasen förmlich ineinander. Hier zeigt sich, dass King nicht nur ein begnadeter Erzähler ist, sondern auch Techniken beherrscht, die ihm von den "[[Inkunks]]" immer abgesprochen werden und die den größten der amerikanischen Literatur (Thomas Pynchon, Don DeLillo, Paul Auster - um nur einige zu nennen) in nichts nachstehen. Ich erwähne das, weil es einen Aufschrei der literarischen Torwächter gab, als King den National Book Award zugesprochen bekam. Er bekam ihn für sein Gesamtwerk und er bekam ihn zurecht. Das möchte ich an dieser Stelle anmerken.
 
Es ist meines Erachtens nicht notwendig, Thomas Pynchon oder Jorge Luis Borges und den Hinweis auf den "Magischen Realismus" zu kennen. Ebensowenig wie es erforderlich ist, etwas über Hank Williams oder den Regisseur von "Die letzte Vorstellung" Peter Bogdanovich zu wissen. Sollte sich jedoch jemand die Mühe machen, den Spuren, die King auslegt - mal offen, mal nur kurz angedeutet - zu folgen, bekommt er eine Multimediavariante an die Hand, die sehr bereichernd sein kann. Ich erstelle gerade einer Liste der (soweit ich sie entdeckt habe) Hinweise und werde sie dann auch präsentieren.
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