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Holly: Rezension

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Croaton (5 / 5)

Spätestens jetzt hat Holly Gibney sich zur prominentesten Figur im ganzen King-Universum hochgekämpft. Von einer Randfigur (einem „walk-on character“, wie King selbst sie nennt) bis zu dem eigens nach ihr benannten Roman Holly hat die von zahlreichen Tics und Selbstzweifeln geplagte Privatermittlerin eine steile Karriere hingelegt und ihre Spuren in fünf Romanen und einer Novelle hinterlassen.
Das Szenario, in dem King seine Lieblingsfigur zu Höchstform auflaufen lässt, gibt unbarmherzige Einblicke in dunkelste Abgründe, wobei der Autor nicht davor zurückscheut, eine seiner zentralen Figuren in unsäglicher und völlig schonungsloser Weise zur Strecke zu bringen. Was einer gewissen Weihnachts-Elfe zustößt, ist ein weiterer Beweis (wenn es denn noch eines Beweises bedurfte), dass man bei King mit allem rechnen muss. Sollte heute noch einer, wie in Grimms Märchen, ausziehen wollen, das Fürchten zu lernen, so dürfte er spätestens bei Holly fündig werden.
Das Grauen entfaltet sich in einer perfiden Düsternis, die mir den Atem raubte – die aus der Sicht der Unholde Rodney und Emily Harris geschriebenen Kapitel sind derart eiskalt und psychopathisch, dass man umso mehr mit Holly und ihren Gefährten (diesmal prominent: Barbara Robinson) mitfiebert, die ihnen gefälligst das Handwerk legen sollen. Der Leidensweg der Opfer sucht im Werk Kings an Grausamkeit vergeblich seinesgleichen, doch worum es genau geht, darf hier nicht verraten werden.
Und mittendrin: Holly Gibney, die auf eines der vermissten Opfer angesetzt wird. Holly verleiht King eine respektvolle Tiefe, wenn wir miterleben, wie ihre Mutter Charlotte, zu der sie ein zwiespältiges Verhältnis hatte, an Corona stirbt; wenn sie herausfindet, dass eine unerwartete Erbschaft sie zur Millionärin macht; wenn man erkennt, welch wichtige Rolle sie im Leben ihrer besten Freunde Jerome und Barbara Robinson spielt.
Es gibt noch eine Hauptfigur, die Erwähnung finden sollte: Covid. Der Roman spielt im Juli 2021, Corona ist omnipräsent, Holly hypochondrisch veranlagt. King nutzt die Gelegenheit, ein Panorama der von Covid 19 gebeutelten USA zu zeichnen, arbeitet den Konflikt zwischen Geimpften und Nicht-Geimpften heraus und macht deutlich, wie sehr Corona das ohnehin durch Trump gespaltene Land in zwei Lager zerriss. Das macht Holly auch zu einem vielschichtigen Porträt der aktuellen Zeitgeschichte.
Ist Hollys Geschichte auserzählt? Ob man Holly nun mag oder nicht, man muss schmunzeln, wenn King auf der letzten Seite genau diese Frage neckisch thematisiert und am Ende dann doch augenzwinkernd in Aussicht stellt, dass da noch mehr kommen könnte. Mittlerweile wissen wir ja von We Think Not. Ich selbst finde, dass Holly ein krönender Abschluss der Gibney-Reihe gewesen wäre; besser – und grauslicher – kann es eigentlich nicht mehr werden.
Fazit: Drastische Bösewichte mit völlig verrückten Motiven treffen auf eine Holly in Bestform: Für mich der eindringlichste und mitreißendste Krimi aus der Feder des Kings.

Vermis (1 / 5)

Ziemlich lustlos geschriebener Bockmist.
Bevor ich zum Corona-Thema komme, welches alles zu seien scheint was die meisten Leser und Fans an diesem Buch interessiert, reden wir mal über die Story dieses Krimis. Diese ist nämlich grauenhaft.
Holly Gibney, eine Klischee-Autistin wie Hollywood sie nicht schlechter und nerviger schreiben könnte, ermittelt im Falle einer vermissten jungen Frau. Die Entführer sind ein uraltes kannibalistisches Ehepaar. Diese Idee ist witzig genug, und einige der Verbrechen dieses Paares unterhaltsam genug, um dem Roman einen einsamen Punkt zu bescheren. Aber die Handlung an sich ist grauenvoll aufgebaut. Wir wissen mal wieder sofort wer die Bösen sind, was sie tun, warum sie es tun, und was sie noch so alles tun werden. Das raubt dem Roman sämtliche Spannung, da Holly lediglich hunderte von Seiten damit verschwendet Dinge herauszufinden, die wir Leser schon längst wissen. Anders als in etwa Mr. Mercedes, wo es zwischen dem Ermittler und dem Bösewicht ein Katz-und-Maus-Spiel gibt, haben die Kannibalen hier die meiste Zeit über keine Ahnung dass Holly ihnen überhaupt auf der Spur ist. Diesem Roman fehlt es ernsthaft an Tempo, an Intrigue, er fühlt sich an wie gelangweilt schnell mal runtergeschrieben, als hätte King selbst kaum Lust gehabt, was mich überraschte, ist Holly doch seine selbsternannte Lieblingsfigur.
Dieser Roman zeigt zudem, neben der Vollkatastrophe Gwendys Letzte Aufgabe, das King die Fähigkeit verloren hat, gute Dialoge zu schreiben (zumindest definitiv für Menschen unter 65). Teilweise ist das sicherlich auch der Übersetzung geschuldet (der Satz "Snitches get Stitches" wird mit "Wir verpetzen niemanden, das ist Cringe" übersetzt), trotzdem fühlen sich die Dialoge hier einfach hölzern und unnatürlich an, was auch daran liegt, dass keine der Figuren wirklich Tiefe besitzt. Sie sind größtenteils eindimensionale Abziehbilder die tun, was für die Handlung nötig ist.
Ach ja und nebenbei: Wenn man im Kopf behält dass Holly bereits gegen DREI übernatürliche, dämonische Monster gekämpft hat (Brady, Outsider, Chad), macht dass die Tatsache dass die Schurken hier neunzigjährige senile Senioren sind sogar noch alberner.
Der Handlungsstrang der mir hier vermutlich am meisten gefallen hat, war der rund um Barbara und die alte Dichterin. Beziehung zwischen altem Mentor und Jugendlichem (weckt Erinnerungen and Atlantis oder kürzlich Fairy Tale), mit der Abwechslung dass es hier mal Frauen sind. Nur schade dass der Plot für meinen Geschmack nirgendwo wirklich hinführt.
Thema Corona: Ich fasse mich kurz. King behandelt das Thema sehr einseitig, webt es nicht auf interessante Weise in die Handlung ein, weckt keine Denkanstöße oder sorgt für Tiefe, Corona ist hier drin, weil Opa King sich halt drüber aufregen wollte, und Twitter nicht mehr ausgereicht hat. Außerdem sorgt es dafür, dass sich das Buch jetzt schon veraltet anfühlt, und die meisten Leser, die eine Krimi-Story erwarten, wohl einfach nerven wird.
Fazit: Ein extrem lascher Krimi und Kings bisher schlechtester Versuch in diese Richtung. Es ist offensichtlich das King ein Fan von Thomas Harris ist (so heißt ja sogar das Kannibalen-Paar hier, die Harris') und wenn ihr wirklich Lust auf einen unterhaltsamen Krimi habt, lest dessen erste drei Bücher (Schwarzer Sonntag, Roter Drache, Das Schweigen der Lämmer). Ich warte jetzt mal auf Kings angekündigte Kurzgeschichtensammlung, welche nur besser sein kann, und werde seinen nächsten Holly-Roman, We Think Not, vielleicht einfach mal ganz auslassen. Genug ist Genug.