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Misery (Film): Rezension (Stefan Peter Heuer)

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Film-Rezension ©2003 by Stefan Peter Heuer (Zuckeronkel)

für www.stephen-king.de

Inhalt ( Lexikon des internationalen Films )

Nach einem Autounfall im Schneesturm wird ein Bestsellerautor von einer Krankenschwester in einem abgeschiedenen Haus gesund gepflegt. Die begeisterte Leserin seiner Romane entpuppt sich als Psychopatin, die den Schriftsteller gefangen hält und mit teilweise brachialen Mitteln dazu zwingt, die Heldin seiner Erfolgsserie wieder zum Leben zu erwecken. Der auf einer Stephen King – Vorlage basierende Zweikampf wurde filmisch suggestiv und mit viel Galgenhumor umgesetzt, erfordert aber die Bereitschaft, die abwegige Grundkonstillation zu akzeptieren.

Kritik

Vier Jahre nach seinem sensationellen Kritiker- und Kassenerfolg "Stand By Me – Das Geheimnis eines Sommers", inszenierte Regisseur Rob Reiner eine weitere Stephen King–Story, die nicht unmittelbar dem Horror – Genre zuzuordnen war : "Sie – Misery".

King selbst sah’ dies jedoch etwas anders. Er beteuerte mehrmals in Interviews, das gerade "Misery" und "Cujo" für ihn der wahre Innbegriff des Horrors wären, weil dies zwei Geschichten seien, die nicht dem Übernatürlichen entsprängen, sondern von Geschehnissen handelten, die sich heute oder morgen,...jederzeit, wirklich bewahrheiten könnten.

Wie dem auch sei. Mit dieser Verfilmung hatte Rob Reiner einen weiteren Filmklassiker geschaffen, der ihm und seinen Mitstreitern, allen voran den mehrfach für den Oscar nominierten und ausgezeichneten Drehbuchautor William Goldman ("Die Unbestechlichen"; "Der Marathon – Mann", der später noch die King Romane "Hearts in Atlantis" sowie "Duddits – Dreamcatcher" adaptieren sollte), den viel gerühmten Kameramann ("Harry & Sally") und späteren "Men In Black"-Regisseur Barry Sonnenfeld, und nicht zu vergessen die mehrfach ausgezeichneten Darsteller James Caan ("Der Pate"), Richard Farnsworth ("The Straight Story") sowie Filmlegende Lauren Bacall, (die hier einer kleinen Rolle als Lektorin Paul Sheldons auftritt,) viel Lob und Anerkennung einbringen sollten.

Das Hauptaugenmerk gilt jedoch der subtilen und mitreißenden Darstellung Kathy Bates, die dafür sorgte, das jenes, bei der Oscar Jury viel und oft geschmähte Thriller- und Horror – Genre ( - Ausnahmen bilden hier "American Werwolf" und "Das Schweigen der Lämmer" - ) einer mehr als verdienten Auszeichnung zuteil wurde, und sie den begehrten Goldjungen für ihre Verkörperung der Psychopatin Anni Wilkes mit nach Hause nehmen dürfte.

Der Film, als sehr eindringliches Kammerspiel inszeniert, schafft es tatsächlich, dem unbedarften Zuschauer, der das Szenario noch nicht von Kings schlichtem aber um so effektiveren Roman her kennt, zunächst das Gefühl von Vertrautheit und Behaglichkeit zu vermitteln, um es dann im Laufe seiner sich sehr dramatisch zuspitzenden Handlung ins genaue Gegenteil umschlagen zu lassen. Da diese sich fast ausschließlich auf die zwei Hauptpersonen konzentriert, fällt es dem Zuschauer nicht all zu schwer, sich in den doch sehr leidenden Charakter von Paul Sheldon hineinzuversetzen. Auch wenn dieser von Anfang an alles andere als sympathisch gezeichnet wird. Er ist eher der etwas eigenbrödlerische und sich selbst überschätzende Schriftsteller, der sich zu seinem um ihn bemühten Fan Nr. 1, wie Anni sich ebenfalls wenig selbstironisch bezeichnet, herablässt. Er wirkt sehr gönnerhaft und eitel, sieht in Anni nur den Inbegriff jener Stammleserschaft, die er sich durch den niedergeschriebenen "Tod" seiner mit den Jahren von ihm selbst äußerst verhassten Groschenromanfigur "Misery Chastain" ein für alle mal vom Halse schaffen wollte. Man merkt ihm stets an, das er der Situation noch vor ihrer nicht absehbaren Eskalation so schnell wie möglich entfliehen möchte.

Mann beäugt als Zuschauer misstrauisch die beiden Figuren, kann sich jedoch weder für die eine, noch die andere Seite so recht entschließen. Geschickt lässt einen die Regie und die beiden Hauptdarsteller eine neutrale Position einnehmen, die nun der Dinge harrt, die da kommen mögen. Mitten im Film reist ein zunächst augenscheinlich völlig unmotivierter Wutausbruch seitens Annis den Schriftsteller Paul aus seinem wohlbehütenden Schlaf und somit den Zuschauer aus seiner behaglichen weil neutralen Position. Und plötzlich fühlt man den körperlichen Schmerz der Paul nun zuteil wird, und der uns zuvor trotz seines schmerzvollen Autounfalls noch so fern erschien, förmlich am eigenen Leib. Mit solch einer Wucht wird man hier aus seiner scheinbar unantastbaren Position katapultiert, ohne das die äußerst zurückhaltende Kamera Sonnenfelds oder der Schnitt explizit zeigen, was genau Paul nun seitens Annis angetan wird. Der Film selbst überlässt, aufgrund seiner konsequent beibehaltenden, ruhigen Bilder, vom gelungenen Anfang bis hin zum spannenden Finale, den eigentlichen Horror unser aller Imagination .

Es zeugt von einer großen Kunstfertigkeit, dieses in Zeiten schneller Schnitte und MTV - beeinflussten Kameraperspektiven im Kopf des Zuschauers entstehen zu lassen, ohne das er sich gelangweilt oder desinteressiert abwendet.

Dies ist in "Misery" mehr als geglückt. Wer den Film oder natürlich den Roman noch nicht kennt, dem sei dieser oder jener (oder beide !) auf alle Fälle sehr ans Herz gelegt.

Der Film selbst dürfte unmissverständlich zu den gelungeneren Verfilmungen eines Stephen King – Stoffes gehören, und wird zweifelsohne King selbst ebenfalls die Freudengrübchen ins Gesicht gezaubert haben, weil hier das Grauen, welches er selbst als den wahrhaftigsten Horror aus seiner Feder bezeichnet hat, konsequent und schnörkellos auf die große Leinwand übertragen wurde.