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Das letzte Gefecht: Rezension

38 Byte entfernt, 14:20, 9. Mär. 2011
K
Wörterschmied (5 / 5)
:Als ich das erste Mal mit ''[[Das letzte Gefecht]]'' in Berührung kam, sah ich das Buch in einer staubigen Kiste mit dutzenden anderen Büchern auf dem Flohmarkt. Der Rücken des Romans war dreimal so dick wie der seiner Nachbarn und erregte daher mein Interesse: Ich habe eine Schwäche für Bücher mit vierstelligen Seitenzahlen! Und dies war das dickste Buch, was ich je gesehen hatte. Auf dem Cover (den Klapptext las ich mir gar nicht durch, da ich dieses Buch in jedem Falle genommen hätte, gleich welchen Inhaltes) stand „3,00€“. Ich feilschte bis ich das Buch für 2,00€ und dazu eine Tüte zum Einpacken bekam. Hätte ich gewusst, was mich erwartet – bei Gott!, ich hätte dem Händler einen Zwanziger gegeben!
:Soweit ich es in Erinnerung habe, war ''Das letzte Gefecht'' mein viertes King-Buch. Nach dem erfolgreichen Einstieg mit ''[[Das Schwarze Haus]]'' ([[Das Schwarze Haus: Rezension|genial!]]) folgten ''[[Feuerkind]]'' ([[Feuerkind: Rezension|nett]]) und ''[[Brennen muß muss Salem]]'' ([[Brennen muß muss Salem: Rezension|schnarch!!!]]). Wäre ich weiterhin mit King gefahren, wäre mein viertes Buch nach einer stetigen Abwärtsbewegung ebenfalls ein eher durchschnittlicher bis schwacher Roman gewesen? Ich glaube nicht.
;Teil II – Vertraut werden
::Starkey erscheint auf der Bildfläche, nachdem der Virus [[Captain Trips]] ausgebrochen ist. Seine Aufgabe besteht anfangs darin, die Verbreitung des Virus zu verhindern, später darin, alle potenziellen Zeugen zu liquidieren, um die Verbreitung zu mindestens in den Medien zu verhindern. Der Übergang vom „Helfer der Opfer“ hin zum „Helfer der Regierung“ ist so fließend, dass man seine Entwicklung an keiner Grenze ausmachen kann – wahrscheinlich erlebt selbst Starkey diese Grenze nicht und glaubt in beiden Fällen das Gleiche zu tun: das Richtige.
::Der Major taucht nur episodenhaft auf, als eine Art Zwischenspiel, während die Handlung von einem Charakter zu einem anderen überspringt, wodurch ihm eine Art Omnipotenz zugestanden wird, als würde er alles im Hintergrund kontrollieren (wie der [[Major]] in ''[[Todesmarsch]]''). Doch schnell wird klar, dass auch Starkey, der zwar die Verantwortung zur Bekämpfung der Grippe trägt, kein Akteur sondern selbst ein Opfer ist. Hat er durch seine hohe Stellung, Hilfsmittel um sich vor der Grippe zu schützen, so ist er doch ein Spielball seiner eigenen Blindheit. Gehorsam befolgt er alle Anweisungen der Regierung und veranlasst in diesem Sinne auch die Freisetzung des Virus weltweit ([[Code Rom fällt]]) ohne darüber nachzudenken, dass dies alle seine bisherigen Anstrengungen zur Farce macht.
::Starkey ist nicht der Bösewicht, den man an dieser Stelle erwartet (sind es nicht immer Generäle oder Politiker in solchen Romanen?), sondern bleibt in jeder Handlung menschlich und nachvollziehbar. Für ihn ist es kein Widerspruch, Menschen zu töten, um Menschen zu retten – und auch ''dies'' glaubt man ihm! King geht sogar noch den letzten Schritt, den „Bösewicht“ "Bösewicht" einen humanen Heldentod sterben zu lassen und ihn so endgültig aus der Riege der Bösen zu streichen: der Major infiziert sich mit der Grippe, um einem bereits toten [[Frank D. Bruce|einfachen Soldaten]] aus der Suppe zu ziehen, in der er gestorben ist und begeht danach [[Selbstmord]]. »Gefreiter Bruce«, sagte Starkey leise, »rühren.« - für mich klar die rührendste Szene nicht nur in der Welt von King, sondern in allen Werken, die ich je gelesen habe! Ich bestreite nicht, dass ich auch beim siebten Lesen dieser Szene noch feuchte Augen bekomme.
:Auf ähnliche Weise überzeugt King mit unkonventionellen und unerwartbaren Wendungen, um wirklich jeden der über vierhundert Charaktere nicht zu einer literarischen Figur zu verdammen, sondern zu einem Menschen, von dem man oft nicht mehr weiß, woher man ihn kennt – aus dem Supermarkt, der U-Bahn oder doch aus einem Buch?
:Auch King setzt an diesem Punkt an und lehrt uns den Verlust von so vielen Menschen, den wir nie begreifen könnten, an Einzelbeispielen, indem er detailreiche und facettenreiche Beziehungen zwischen Personen aufbaut, nur um diese zu zerstören wie ein Mandala, das erst durch seine Vernichtung komplett wird. Hier unterscheiden wir zwischen engen Beziehungen ([[Fran Goldsmith|Frannie]] und ihr [[Peter Goldsmith|Vater]]), Beziehungen, denen die Chance der Besserung vergönnt wird ([[Larry Underwood]] und seine [[Alice Underwood|Mutter]]), flüchtige Freundschaften ([[Nick Andros]] und [[Jane Baker]]), einseitige Beziehungen ([[Harold Lauder]]s Liebe zu Frannie) und so weiter.
:Immer wenn eine Verbindung in die Brüche geht, nimmt die Entropie zu, [[Welt bewegt sich weiter|bewegt sich die Welt weiter]] und gerät mehr aus den Fugen. So sind es vor allem die gescheiterten Verbindungsversuche, die den Roman menschlich machen und Motor der Dynamik sind. Wie wäre die Geschichte ausgegangen, hätte Frannie sich für Harold entschieden? Was hätte verhindert werden können, wenn [[Nadine Cross]] sich von Larry hätte verführen lassen? Finaler- und ironischer Weise führt die wohl bedingungsloseste Verbindung, die Anbetung von [[Mülleimermann]] für [[Randall Flagg]], zu einem tragischen Ende: Mülli, der bei Flagg in Ungnade fiel, bringt ihm eine [[Atombombe]] zur Versöhnung, welche Flagg ungewollt zur Explosion bringt – das ohne Zweifel gut gemeinte Geschenk wird zu seinem Sargnagel.
:Lässt sich dieses Kapitel mit einem Wort beschreiben, ist es folgendes: Unvorhersehbarkeit.
[[Bild:WS Das letzte Gefecht.jpg|800px|center]]
 
==[[Benutzer:Croaton|Croaton]] (1 / 5)==