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Das Pfefferkuchen-Mädchen: Rezension

3.589 Byte hinzugefügt, 09:53, 23. Jan. 2019
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Aber ich will jetzt die Geschichte nicht schlecht reden, denn sie stell trotzdem ein kleines Highlight innerhalb von "Sunset" da. Denn sie ist trotzdem recht spannend und liest sich auch flüssig in einem Rutsch. Und trotz der kleinen Ungereimheiten und der stellenweise aufkommenden Unlogik, die sich in der Verhaltensweise der Protagonisten äußert, hat King hier ein solides Werk abgeliefert.
 
==[[Benutzer:Horaz Klotz|Horaz Klotz]] (4 / 5)==
In ''Das Pfefferkuchen-Mädchen'' stürzt uns King nach einem kurzen dramatischen Vorgeplänkel in eine Nonstop-Actionszene. Dabei zeigt er mal sich mal wieder gewohnt gnadenlos - in den ersten Kapiteln macht er Em psychisch fertig, in den folgenden geht es ihr dann physisch an den Kragen. Und was das Überraschende ist - beides funktioniert. Die erste Hälfte, die so leicht ein billiges Abklappern von Klischees über Ehestreit und ein totes Kind hätte werden können, wird so einfühlsam-realistisch heruntererzählt, dass ich nicht anders konnte, als mit unserer Protagonistin mitzuleiden, wenn sie versucht ihren Problemen davonzulaufen. Die - psychologisch recht simple - Verbindung zu Jim als äußere Bedrohung, der man tatsächlich zu Fuß entkommen kann, liegt zwar auf der Hand, bleibt aber zum Glück nur Andeutung. So fand ich es auch sehr erfrischend, dass King hier auf einen abschließenden "Und alles war gut"-Epilog verzichtet. Der Leser kann sich seine eigene Meinung bilden, ob Ems Probleme mit ihrem Verfolger verschwinden und ob sie nach dieser unfreiwilligen Schock-Therapie erstmal genug vom Laufen hat.
 
Bei einer so spannungsgetrieben Story ist es natürlich immer wichtig, dass der Autor sich an nachvollziehbare Regeln hält. Und King hält sowohl die Entführung, als auch die spektakuläre Flucht nett realistisch. Nur gelegentlich stolpert er in Klischee-Fallen, um die man wohl auch nicht herumkommt - zum Beispiel dass der erfahrene Mörder Jim sein neuestes Opfer gerade lang genug unbeaufsichtigt zurücklässt, dass sie sich schnell befreien kann und wie locker sie einen Sprung aus dem Fenster wegsteckt. Aber das sind erst im Nachhinein Probleme, die in der atemlosen Spannung des ersten Lesens gar nicht auffallen. King scheucht uns ziemlich gnadenlos von Etappe zu Etappe und von Höhepunkt zu Höhepunkt. Und jedes Mal wenn man das Gefühl hat, Em hätte es geschafft - Sie hat sich vom Stuhl befreit! Sie ist aus dem Haus entkommen! Sie hat einen hilfsbereiten Fremden am Strand gefunden! - findet er einen Weg die Daumenschrauben wieder anzuziehen.
 
Dieses Tempo geht dann leider etwas auf Kosten der Charakterzeichnung. So bleibt Jim während der Verfolgungsjagd auch narrativ etwas auf der Strecke. Er bekommt neben einem - zugegebenermaßen ganz geschickt gemachten - Schurkenmonolog nicht wirklich viel Charaktertiefe und bleibt einfach ein Verrückter, der reihenweise Menschen umbringt, während er nach außen eine perfekte Fassade aufrechterhält. Das ist zwar wahrscheinlich nicht wirklich unrealistisch, aber storytechnisch ein bisschen dünn. Trotzdem funktioniert Jim als düstere äußere Bedrohung ziemlich gut - und sein Ende ist tatsächlich befriedigend. Auch wenn immer noch nicht ganz klar ist, warum ein Mann mit einer so ausgeprägten Wasserphobie ausgerechnet auf einer Insel wohnen will. Mein letzter - und wahrscheinlich unwichtigster - Kritikpunkt ist der Titel. Tatsächlich ist das ''Pfefferkuchenmädchen'' mal einer der seltenen Fälle bei denen ich mir eine etwas freiere Übersetzung gewünscht hätte. Zum einen finde ich es im deutschen noch befremdlicher als im Original eine erwachsene Frau als "Mädchen" zu bezeichnen. Zum anderen hatte ich vorher noch nie vom anscheinend so berühmten Pfefferkuchenmann-Märchen gehört. Mit einem Titel, der nicht ganz so nach Zauber-Fantasywelt klingt, hätte ich mich wahrscheinlich schon früher an die Geschichte gemacht.
 
Fazit: Eine Kurzgeschichte wie ein Runner's High - hektisch, aufreibend, aber es lohnt sich.
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