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Abschlusstag: Rezension

Keine Änderung der Größe, 11:56, 12. Mär. 2019
Horaz Klotz (5 / 5)
Okay, das muss ich vielleicht erklären. Nachdem ich mich bisher immer ziemlich geärgert habe, wenn King eine spontane Explosion gezündet hat, um seine Geschichte zu beenden (''Das letzte Gefecht'', ''Die Arena'') funktioniert der gleiche Schluss hier richtig gut. Was ist der Unterschied? - Als Ende eines komplexen Romans, voller verzwickter Motive und Handlungsfäden wirkt es schnell beliebig und billig einfach alles schnell in Feuer und Rauch aufgehen zu lassen. Als Leser hatte ich mehr als einmal das Gefühl, um ein richtiges Ende betrogen worden zu sein, besonders wenn ich mich vorher durch etliche hundert Seiten gearbeitet hatte, die jetzt mit einem Schlag ziemlich zunichte gemacht wurden. Das ist mir besonders beim ''letzten Gefecht'' in Erinnerung geblieben, bei dem Mülleimermanns Atombombe auch einfach eine Woche vorher hätte zünden können. Und unsere Helden mit ihren ewigen Sitzungsprotokollen, Geheim-Hypnose-Missionen und Selbstmord-Wandertouren eigentlich gar nichts zum Schluss beizutragen hatten. Diese Gefahr besteht bei einer 8 Seiten-Mini-Kurzgeschichte natürlich nicht.
Noch wichtiger - diesmal ist ziemlich klar, dass die Explosion keine schnelle Lösung aus dem Nichts ist, sondern von Anfang an Teil der DNA DNS der Story. Denn es ist eben kein beliebiger Tag den King mit einer Atombombe enden lässt, sondern ein Abschlusstag - und damit verknüpfen sich eindrucksvolle narrative Motive. Janice Gandolewski schaut in die Zukunft und merkt nach ein paar Seiten Planung plötzlich, dass sie keine haben wird. Das ist, komprimiert in die letzten schrecklichen Augenblicke, nicht nur jenseits vom üblichen Apokalypse-Kitsch dramatisch, sondern funktioniert auch formell gut - wenn wir uns nach den 8 Seiten denken "Das kann es doch noch nicht gewesen sein!? Da fehlt doch noch ein richtiger Schluss!" ist das genau der Gedanke, der unseren 18-jährigen Protagonistin durch den Kopf schießen dürfte. Um eine solche Katastrophe wirklich einschneidend-endgültig zu machen, muss die Geschichte ein Stück weit unvollkommen wirken. So stört es mich auch gar nicht, dass die Bombe tatsächlich aus völlig heiterem Himmel fällt und wir nie erfahren wer genau den Big Apple in einen atomaren Bratapfel verwandelt.
Trotzdem gelingt es King in der Kürze der Zeit ziemlich gut Setting, Gefühle und Charaktere einzufangen. Unsere Teenager-Protagonistin funktioniert als abgeklärte Realistin, die sich damit abgefunden hat nur ein kurzfristig geduldeter Gast in dieser funkelnden Oberschicht-Welt zu sein genauso gut wie als entsetzte Zeugin der Apokalypse. So gut sogar, dass mir ihr Tod näher ging als der so manch anderer King-Figuren, die ich durch ganze Wälzer begleitet habe. Bei 8 Seiten ist allein das schon eine ziemliche Leistung. Und ganz nebenbei ist sogar noch Platz für eine waschechte Antagonistin. Mit der rassistischen Oma hält noch ein zweites starkes Motiv Einzug in die Story. King führt das immer aktuelle Rasse- und Klassedenken ziemlich gnadenlos ad absurdum: Egal was man sich auf seine Herkunft, sein Vermögen oder seinen Stand einbildet, am Ende bleibt von jedem nur ein Häufchen Asche. Das letzte Hemd hat weder Taschen noch Namensschildchen.
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