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Der Nebel: Rezension

6 Byte hinzugefügt, 20:40, 7. Mai 2016
Tiberius (5 / 5)
Doch in meinen Augen ist der Nebel nur eine Art Katalysator dessen, was King uns hier wirklich beibringen will. Es geht nicht nur darum, gegen einen scheinbar ungreifbaren Gegner zu überleben, es geht auch darum wie Menschen darauf reagieren, wenn ihre heile Welt aus den Fugen gerät. Und, wie sie Verantwortung übernehmen. Für sich, für ihre Schutzbefohlenen und für ihre Taten.
Fangen wir bei der Hautpfigur an. David Drayton ist nicht der erste Ich-Erzähler, aber er gehört zu den Wenigen, die King alles andere als sympathisch darstellt. Er wirkt beinahe wie [[Lester Billings]] aus ''[[Das Schreckgespenst]]'', der Unsympath, der seine Familie letztlich auf dem Gewissen hat. Drayton findet für alles einen Grund, um es ins Negative oder mindestens ins Lächerliche ziehen kannzu können. Er wirkt selbst gescheitert. Im Gegensatz zu seinem Vater kann er seine Familie nur gerade so mit seiner künstlerischen Arbeit über Wasser halten. Das Boot, welches kleiner ist, die Motorsäge aus dem Sonderangebot, der Jeep, den er bei einem saufendem Schrauber reparieren lassen muss, der Alkohol, dem er häufig schon vor dem Mittag stark zugesagt hat.
Überhaupt zieht sich das Verhältnis von Vater und Sohn durch die gesamte Geschichte. David zu seinem Vater und Billy zu David. Während Drayton auch in einer Notsituation vor allem damit hadert, nie so gut wie sein alter Herr zu sein, ignoriert er das Hilfebedürfnis seines einzigen Sohns (selbst dort scheitert er an seinen Vorfahren, die alle mehrere Söhne hatten). Er schiebt ihn zu fremden Frauen ab, mehrmals mit der Begründung, Billy brauche wohl in dieser Situation eine Mutter, keinen Vater. Während er sich fast sehnsüchtig daran erinnert, wie ihn sein Vater zum einkaufen mitnahm, sind ihm seine Kopfschmerzen und der Durst nach der ersten Nacht im Supermarkt am allerwichtigsten. Dass sein Sohn wie von selbst die Hand seines verhassten Nachbarn nimmt, um über die Straße zu gehen, sollte ihn eigentlich nachdenklich machen, wie schnell für Billy das Bild eines Beschützers wechseln kann. Stattdessen lobt er sich, wie toll er Billy vor Jahren erzogen haben will.
Natürlich wäre es enorm hart, aber seinem Sohn so lange Hoffnung zu machen, Stephanie wäre noch am Leben halte ich für extrem fatal. Wahrscheinlich ist die Reaktion auf das Weinen des Kindes auch nur die Unzulänglichkeit Draytons der auswegslosen Realität ins Auge zu sehen. Dazu kommt Draytons Zwang die Führung zu übernehmen. Er ist einer der Lautesten, verhält sich wie ein Anführer ohne wirklich substantielles Substantielles zu Tage zu bringen. Im Gegenteil. Zwar handelt er richtig, aber schlussendlich ist er direkt verantwortlich für den Ausfall des Stroms im Supermarkt. Man kann ihm indirekt sogar das Zweifeln Brent Nortons und damit auch seinen Tod andichten. Auch sein Jeep bedeutet für mich vor allem den Tod für einen der tollsten Charaktere der Novelle. Ollie Weeks stirbt in einer der fiesesten Situation, die man ihm wünschen könnte. Mit der zarten Hoffnung auf das Überleben dieser Katastrophe.
Weeks, der sich von einem unscheinbaren kleinen Mann zum abgeklärten Held mausert, steht für mich genau entgegengesetzt zu Drayton und auch zu Personen wie Mrs. Carmody oder sogar Myron LaFleur. Er, der zu Beginn abfällig von Drayton in die homosexuelle Ecke gedrückt wird, handelt beinahe als Einziger rational, überlegt und mitfühlend. Er erkennt, dass Mrs. Carmodys Predigten zur Gefahr werden können. Er bunkert rechtzeitig Lebensmittel für ihre Flucht. Während Drayton in der Apotheke völlig chaotisch reagiert, ist Weeks kühl und konzentriert an der Waffe und rettet Drayton und Hilda Reppler vorübergehend das Leben. Während Dan Miller für mich für Kings Hoffnung steht, dass es im größten Chaos es Menschen gibt, die wirklich Verantwortung und positive Führung zeigen, ist Weeks für mich die Hoffnung darauf, dass in solchen Situationen manch eine unscheinbar und schwach erscheinende Figur zu ihrem Höhepunkt geraten kann.
Auf der anderen Seite dagegen ist es mal wieder eine Predigerin, die unseren Hass primär auf sich zieht. Mrs. Carmody in ihrem leuchtenden Trainingsanzug und der grotesken Handtasche, die sie mit sich trägt. Die spirituell angehauchte Verrückte, die ihnen Allen den Tod prophezeit und sogar Menschenopfer fordert. King lässt es Drayton passend zum Ausdruck bringen (wenn auch nicht durch seine Gedanken, sondern die eines Schriftstellers den er mal kannte). Mrs. Carmody ist für ihn das Beispiel, dass die Menschen an irgendetwas glauben wollen. Je extremer die Situation, desto extremer und fundamentaler können Missionare sein um vermeintlichen Halt und Trost anzubieten. Dass sie ausgerechnet von Ollie Weeks erschossen wird (und dieser sogar noch Selbstzweifel danach hat), zeugt von Kings ganz eigener Meinung zu dem Thema.

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