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Jener Bus ist eine andere Welt: Rezension

11 Byte entfernt, 18:59, 30. Nov. 2015
K
kein Brite! ;
In dieser Geschichte kommt einmal mehr zum Tragen, was King wie kaum ein anderer Schriftsteller zu tun versteht: Der Leser kann sich in dem Hauptcharakter wiedererkennen, erlebt mit ihm den so unvergleichlich formulierten Alltag, dass man sich sofort in seine Haut versetzen kann - und stellt ihn dann vor ein kniffliges Problem, das dann nicht nur diese Figur, sondern auch der Leser selbst bewältigen muss.
In diesem Fall treffen wir auf den Briten [[James Wilson]], der eine Eigenart hat, die ich selbst nicht leugnen kann: Er plant wichtige Termine mit einem Zeitpuffer, dass andere ihn dafür wohl eher belächeln mögen. Und der Leser erlebt mit ihm die Qualen, als dieses sicher geglaubte Polster im New Yorker Verkehrschaos immer mehr schwindet. Das allein ist schon Horror genug. Dann aber kommt der Bus dazu und führt Wilson eine profane Erkenntnis vor Augen, nämlich, dass jeder Mensch - hier repräsentiert von zwei Fahrgästen, die er durch die Scheiben sieht - seine eigenen Probleme, Termine und Träume hat, dass sich die Welt nicht nur um Wilson dreht. Hier prallen zwei Welten aufeinander, die des Taxis und die des Busses.
Und noch während Wilson diese Erleuchtung verdaut, geschieht vor seinen Augen ein brutaler Mord, dessen unfreiwilliger Zeuge er wird. Ab diesem Moment stellt King alles wieder auf den Kopf, denn hat Wilson gerade noch begriffen, dass er nicht der Nabel der Welt ist, kommt sofort wieder sein ganzer Egoismus zum Tragen. Jeder ist sich selbst der Nächste, und so entscheidet Wilson sich genau deswegen dafür, nichts zu unternehmen, um ja nicht zu spät zu seinem Termin zu kommen. Dieser brillante Kontrast zwischen "Alle Menschen sind eine Welt für sich" und "Aber der wichtigste Mensch bin ich" ist eine vortreffliche Parabel unserer modernen Gesellschaft, in der ein jeder sich für die Krönung der Menschheit hält und auf sozialen Netzwerken in den Mittelpunkt zu setzen versucht. Ich weiß nicht, ob King so weit denken wollte, aber in meiner Interpretation ist James Wilson der Prototyp der egozentrischen Gesellschaft - und dass ich von Anfang bis zum Ende mit ihm leide und seine ganzen Ausflüchte, wieso er der fremden Frau im Bus nicht helfen kann, problemlos nachvollziehen kann, ist mit das Erschreckendste an der Story.

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