+++ Warnung! Dieses Wiki ist voller Spoiler. Lesen nur auf eigene Gefahr! +++

Änderungen

Aus KingWiki
Wechseln zu: Navigation, Suche

Revival: Rezension

2 Byte hinzugefügt, 09:12, 26. Okt. 2018
Horaz Klotz (3 / 5)
Während Jacobs eine Wandlung nach der anderen durchlebt, mäandert unsere Hauptfigur ein bisschen ziellos durch die Jahrzehnte. Jamies - zumindest für Musikerverhältnisse - wohl recht typisches, mäßig erfolgreiches Leben kann stellenweise ein bisschen langatmig werden, schafft es aber diese wahnsinnige Geschichte um den wandernden Prediger der Kirche der Geheimen Elektrizität zu erden. Außerdem kann uns King so verhältnismäßig früh mit den anfangs noch halbwegs realistischen Spätfolgen von Jacobs Elektro-Therapie bekannt machen. Leider steht dieser mühsam aufgebaute Realismus ziemlich im Weg, sobald die Story ihren Schlenker in Richtung Monsterhorror nimmt und namenlose Schrecken in die Welt einbrechen. Aus nachvollziehbaren Nebeneffekten einer elektrischen Gehirnbehandlung wie gelegentlichen Gedächtnislücken, Zwangshandlungen und Wahrnehmungsstörungen, werden Killerameisen und das bizarre Mutter-Ungeheuer. Spätestens hier schlägt der Zeiger von netter charaktergetriebener ''Science Fiction'' zu trashiger ''Science Fantasy'' und King darf mal wieder seinen technik-feidlichen Zeigefinger erheben: "Das passiert eben, wenn sich Menschen in wissenschaftliche Bereiche einmischen, die sie nichts angehen."
Dass der Meister sich für sein großes Finale großzügig bei Lovecraft bedient ist dabei nicht das Problem. Im Gegenteil - als Fan von beiden Schriftstellern war ich gespannt, welche Elemente King sich hier abschauen würde. Leider hat er sich für die falschen entschieden. Lovecraft funktioniert für mich immer am besten als Meister der Andeutungen. Wenn er Expeditionen in außerirdische Städte oder Mathe-Studenten in andere Dimensionen schickt, aber gerade noch genug offen lässt, dass der Leser seine eigenen Schlüsse ziehen kann, finde ich das um einiges spannender als den Kampf gegen ein beliebiges Monster der Woche. Hier borgt sich King vor allem den Stil seines Horror-Kollegen und versetzt seine finale Schreckensvision unmotiviert in eine der Lovecraft-typischen zyklopischen Ruinenstädte. Dann begeht er auch noch den alten Fehler, sein unmissverständlich an die Großen Alten angelehntes Mega-Monster Mutter zu besiegbar zu machen. Lovecraft selbst stolperte in diese Falle, wenn er seine Vorzeigegottheit in ''Call of Cthulhu'' mit einem Schiff rammt und Schachmatt setzt. Echter kosmischer Horror kann nur funktionieren, wenn die Menschen wirklich keine Chance gegen die außerirdischen Mächte hathaben.
Daneben habe ich noch ein tiefergehendes Problem mit dem Ende und Kings Entscheidung, uns einen Blick ins Jenseits seiner Figuren werfen zulassen. Leben und Tod sind derart wichtige Konstanten in nahezu allen Geschichten, dass ich immer ein Problem mit leichtfertigen Antworten auf diese großen Fragen habe. Hier wird das eng verwobene Netz des King-Universums zum Problem: ''Revival'' steckt wieder mal randvoll mit Verweisen und Anspielungen auf andere Werke. Die Welt der Mutter wirkt abgekapselt genug von Jamies Realität um eine kosmische Konstante jenseits des Multiversums zu bilden. Da drängt sich die Frage auf, ob Mutter auch auf andere Tote aus dem King-Kosmos wartet. So manche tragische Sterbeszene bekommt einen bitteren Beigeschmack mit der Vorstellung, dass der Verstorbene sich jetzt in Mutters Ameisen-Reigen einreiht.
300
Bearbeitungen

Navigationsmenü