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Der Tod des Jack Hamilton: Rezension

Ein Byte entfernt, 11:53, 28. Feb. 2019
Horaz Klotz (3 / 5)
==[[Benutzer:Horaz Klotz|Horaz Klotz]] (3 / 5)==
King versucht sich mal wieder als Geschichte-Erzähler und nimmt uns mit in die märchenhaft-sepiafarbene Welt der amerikanischen Gangster der 1930er. Und er fährt schwere Nostalgie-Geschütze auf - trotz aller historischen Korrektheit schien so ihm nicht wirklich darum zu gehen einen Tag im Ganovenleben realistisch-detailgetreue nachzuzeichnen. Stattdessen wird die Geschichte vom Tod des Gangsters Jack Hamilton auch zum Abgesang einer kriminellen Ära. Einer Ära in der Ganoven noch Ehrenmänner warensind, die nie einen Mord begehen würden. In der Bankräuber auf der Flucht vor dem Gesetz ganz friedlich von Familien mit Kleinkindern mitgenommen werden konntenkönnen. In der man Fliegen mit Bindfaden-Lassos fängt und in der plötzlich losgehende Waffen nur zu coolen neuen Narben führtenführen.
So nostalgisch verklärt die Story hier daherkommt, an anderer Stelle präsentiert uns King knallharten Realismus - besonders was die Folgen von Hamiltons Schusswunden betrifft. Das ist eine erfrischende Abwechslung zur normalen Darstellung von Schussverletzungen in Film, Fernsehen und Büchern, in denen die Kugeln meist dutzendweise durch die Luft pfeifen und es eigentlich nur zwei mögliche Szenarien gibt, wenn doch mal eine zufällig ihr Ziel findet. Ein schnelles, unblutiges "Mist, er ist tot", wenn es eine Nebenfigur erwischt hat und ein zwischen grimmig zusammengebissenen Zähnen hervorgeknurrtes "Nur ein Streifschuss", wenn es einen Hauptprotagonisten erwischt, der danach natürlich sofort weiterläuft als wäre nichts passiert. Dagegen bietet uns King fast über den ganzen Verlauf der Kurzgeschichte die ganze Bandbreite an Verletzungen, die eine einzige Kugel im menschlichen Körper anrichten kann. Hier darf die Wunde eitern, sich entzünden, Hamilton langsam das Bewusstsein kosten rauben und ihn am Ende recht unzeremoniell umbringen. Besonders in diesem letzten Abschnitt schafft unser Autor dabei tatsächlich eine recht drückende Atmosphäre, in der die Gangsterfreunde inzwischen ohne jede Hoffnung auf Heilung nur noch versuchen ihrem Freund ein paar schöne letzte Stunden mitzugebenzu bereiten.
Das große Problem ist, dass die Charaktere ziemlich ungreifbar bleiben. Grundsätzlich fand ich es ganz interessant dass der große Promi John Dillinger selber nur als Nebenfigur auftaucht, aber seine Gangster-Kumpanen schien offenbar nicht ganz so einmalige Charaktere gewesen zu sein. Zumal King, um das perfekt nostalgische Robin Hood-Image zu erhalten, allzu brutale Ecken und Kanten großzügig abschleift - insbesondere was unseren Ich-Erzähler Homer Van Meter angeht. So sind die Gangster natürlich grundsätzlich sympathisch, während sie versuchen ihren verletzten Kameraden aufzupäppeln, bleiben aber nach dem Lesen nicht wirklich lange in Erinnerung. Bei einer Geschichte die so stark auf einen Tod hinerzählt wird, ist das natürlich ein ziemliches Problem. So hätte ich mir statt der letztendlich ziemlich erfolglosen Irrfahrt durch die Stadt eher ein paar mehr Absätze Charakterzeichnung gewünscht. Denn wenn ich nicht mit den Gangstern mitfiebern, mitfühlen und mitleiden kann, bedeutet mir das Ende natürlich auch nicht viel.
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