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11.22.63 - Der Anschlag: Rezension

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Version vom 27. August 2021, 19:30 Uhr von Lastknightnik (Diskussion | Beiträge)

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Vermis (5 / 5)

Vorweg muss ich sagen, das ich kein allzu großer Freund des Romans Der Anschlag bin. Meiner Meinung nach hatte das Buch einige Probleme, von einer viel zu sehr ausufernden Liebesgeschichte bis zu einem zu schnell abgehakten Ende. Ich hatte den Roman nicht nochmal gelesen, bevor ich mir die Serie ansah, habe also nur rudimentäre Vorstellungen von den Abweichungen. Daher will ich diese Serie einfach als Serie und nicht als Wort für Wort Verfilmung behandeln.

Für diejenigen Fans, die stur verlangen, Verfilmungen sollen sich gefälligst eins zu eins an die Vorlage halten, dürfte die Serie vielleicht durchfallen. Es gibt einige größere Änderungen, z. B. die erweiterte Rolle von Bill Turcotte, jedoch sollte man eines nicht vergessen: Film und Buch sid zwei grundverschiedene Formen des Geschichtenerzählens. Was in einem Buch funktioniert, muss nicht auch in einem Film klappen, daher bin ich der Meinung, Änderungen sind in Ordnung, solange man die Aussage und das Gefühl der Story beibehält.

11.22.63 schafft das sehr gut. Die Erweiterung des Charakters Bill Turcotte funktioniert in meinen Augen gut, die Zusammenarbeit mit Epping, das Beobachten Oswalds, ist unterhaltsam. James Franco macht hier einen tollen Job. Das Element der Liebesgeschichte wurde beibehalten, jedoch gnädigerweise verkürzt. Es konnte mich hier trotzdem Emotional mitnehmen, ohne mich, wie im Buch, zu langweilen. Das in der Serie der Auftritt von Sadies verrücktem Ex auch tatsächlich aufgebaut wird, ist eine deutliche Verbesserung. An Johnny Clayton aus dem Buch kann ich mich kaum erinnern, glaube aber zu meinen, das er wie ein Jumpscare einfach in die Handlung sprang. Das lief hier jedoch wunderbar, vor allem durch das Schauspiel von T. R. Knight.

Die Serie sieht wundervoll aus und das Schauspiel ist überzeugend, die Änderungen zur Vorlage akzeptabel. Als alleinstehende Serie funktioniert sie genauso gut, wie als Verfilmung. Nach etlichen Flops endlich wieder eine gute Verfilmung eines Kings. Ich bin sehr froh, das Hulu und J. J. Abrams mit Castle Rock eine weitere Serie angekündigt haben, die Staffelweise verschiedene Kingstorys umsetzen soll. Wenn mindestens die Qualität von 11.22.63 erreicht wird, können wir Fans uns glücklich schätzen.


Croaton (4 / 5)

Was mich bei dieser Serie besonders beeindruckt, ist zum einen die Authentizität, mit der es gelungen ist, die 60er Jahre aufleben zu lassen und zum anderen, wie perfekt die Darsteller ausgesucht wurden. Daniel Webber passt als Oswald so gut, dass man sich teilweise anstrengen muss, sich den wirklichen Oswald wieder ins Gedächtnis zu rufen, auch Sarah Gadon (Sadie) und James Franco (Jake) machen den Eindruck, als hätte King sie vor Augen gehabt, als er seinen Roman schrieb. Ich stimme Vermis zu, dass die notwendigen Veränderungen die Serie beleben, allem voran die Idee, aus dem eher rätselhaft bleibenden Kartenmann des Buchs einen greifbareren, logischeren Charakter zu machen, auch die "neue" Geschichte rund um Bill Turcotte bereichert das TV-Format. Zudem bin ich sehr dankbar dafür, dass die Serie weit weniger politischen Tiefgang hat als der Ausgangsstoff ...


Lastknightnik (3 / 5)

Den Roman liebe ich sehr und empfinde dort auch keine Längen. Die Serie, eigentlich das einzige Format, dass ich für angemessen halte, wenn man einen Roman tatsächlich verfilmen will, reißt mich nicht allzu sehr vom Hocker. Das hat gleich mehrere Gründe:

Der erste und wichtigste Grund liegt sicherlich in James Franco. Ich weiß nicht, für mich ist das ein amerikanischer Til Schweiger. Er kann zwei Gesichtsausdrücke und die passen meistens nicht. Bei Franco sind das »Drei Tage Regenwetter« und »ich leide«, bei zweiterem zieht er sein Gesicht irgendwie so zurück wie ein Frettchen, dem man über den Schwanz fährt. Mitunter soll das ein Grinsen sein. Das irritiert eigentlich in jeder Szene, in der auftritt.

Das nächste sind die Änderungen. Dass man trotz des Serienformats kürzen muss ist vermutlich nicht unlogisch, aber die Serie macht genau das nicht, was den Roman meiner Ansicht nach wirklich auszeichnet: Sie killt nahezu jede persönliche Beziehung. Ja, gut, Jake und Sadie sind ganz gut in Szene gesetzt, aber warum Jake mit dieser oder jener Figur an der Schule befreundet ist, wird einfach übergangen. Die Schüler? Statisten. Und das einem Lehrer! Selbst die Freundschaft mit Deke wirkt wie ein Fremdkörper.

Im Übrigen gibt es auch gute Änderungen – Miss Mimi beispielsweise finde ich hervorragend besetzt und die Figur gibt als Spiegelbild der Rassenthematik auch einen guten Sidecast ab. Dass die Figur dann in zwei Nebensätzen entsorgt wird, finde ich wiederum schade.

Das Überspringen der ganzen »politischen« Teile finde ich allerdings schade. Gut, ich habe Geschichte studiert und schon immer einen Faible für die Vergangenheit gehabt, daher fand ich diese Passagen im Buch immer sehr gut. Gerade weil der Fall der Ermordung von JFK eine solch überragend bedeutsame Geschichte ist hat King hier eigentlich ein gutes Destillat aus Geschichten rund um die Geschichte zusammengebaut. Eine nahezu lückenlos dokumentierte Geschichte die eine Vielzahl von fast, aber eben nicht ganz unsichtbaren weißen Flecken aufweist und hier setzt King seine Geschichte ein und füllt die weißen Flecken. Was sich wie ein Krimi liest ist in der Serie ein Hintergrundgesumsel um die Geschichte nicht völlig aus dem Ruder laufen zu lassen.

Die Veränderung rund um Bill Turcotte sind recht amüsant gemacht, aber eigentlich unglaublich nervig. Auch wird hier ein zentrales Thema des Romans konterkariert: Jake ist sich bewusst, dass er in der Zeitlinie möglichst wenig verändern darf und lebt daher in und rund um Dallas extrem vorsichtig und unauffällig. Lediglich Jodie nutzt er als Rückzugsort um ein bisschen zu leben. Dennoch versucht er niemals Spuren zu hinterlassen und die Zerrissenheit zwischen diesem Bemühen und dem »einfachen« und guten Leben in Jodie macht einen schönen Spannungspunkt der Figur aus. Bill macht das genaue Gegenteil was spätestens bei der Party bei Lee Oswald schlicht nervt. Dass er dann einen Abgang hat wie Lisa Simpson in der Hamlet-Verballhornung als Ophelia passt wunderbar.

Nach dem ganzen Verriss hier aber auch ein paar der positiven Punkte: Abgesehen vom James Franco sind die Rollen hervorragend besetzt, die Inszenierung der frühen 60er wirkt auf mich (als 80er-Jahrgang) authentisch in Bild, Umgebung und Verhalten der Figuren. Jedenfalls hat sich meine Frau über das verhalten der Frauen geärgert, also müsste es hinkommen (Kein unwichtiger Gradmesser!). Die Stimmung passt, die hinzugefügten Längen machen es etwas zäher, als es sein muss, aber es bleibt unterhaltsam. Immerhin hab ich sie nun ein zweites Mal gesehen, also macht sie schon Spaß.

Alles in Allem ist mir das Drei Punkte wert