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Big Driver: Rezension

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Version vom 3. November 2010, 20:49 Uhr von Croaton (Diskussion | Beiträge) (Stimmen, überall Stimmen!)

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Croaton (3 / 5)

Die zweite Novelle in Stephen Kings Sammlung Zwischen Nacht und Dunkel, Big Driver, ist eine Abhandlung des Themas Selbstjustiz, orientiert an Filmen mit Charles Bronson oder Sylvester Stallone, Filme, auf die die Geschichte auch eingeht – an einer Stelle etwa schaut die Hauptfigur Tess Jean sogar den entsprechenden Jodie Foster-Film zum Thema.
Da könnte man natürlich sofort das Diskutieren anfangen – fordern solche Werke zum Nachahmen auf? Ein schwieriges Thema. King ist bemüht, eine alte Geschichte nicht aufzuwärmen, sondern neu zu erzählen. Die recht erfolgreiche Schriftstellerin Tess bleibt immer menschlich und nachvollziehbar, die Tatsache, dass sie das Gesetz selbst in die Hand nimmt, weil sie Angst davor hat, in der Öffentlichkeit als "vergewaltigter Star" durch den Schmutz gezogen zu werden, ist greifbar, die restlichen Schritte ergeben sich fast logisch.
Immer wieder lässt King Tess denken "Wenn das jetzt ein Film wäre …", nur um dann ihre Realität genau anders darzustellen. Stellenweise liest sich die Novelle wie eine Karikatur von Horrorfilmplattitüden. Das klappt weitgehend auch, bis King gegen Ende dann doch inkonsequent wird und in wenig überzeugende Thriller-Klischees verfällt. Dass Tess den falschen Bruder erschießt, wirkt als Spannungsbogen sehr weit hergeholt, fast schon peinlich. Dass Betsy Neal sich auch als Vergewaltigungsopfer erweist, etwas zu viel des Guten.
Doch das alles hätte ich mir noch eingehen lassen. Nicht aber Kings Entscheidung, Tess zur geistig gestörten Witzfigur zu machen. Dass Figuren in Kings Werk Stimmen hören, ist ja nun wirklich nichts Neues und gehört zum Standardrepertoire des Autors. Wer allerdings geglaubt hat, dies hätte in den Persönlichkeiten von Jessie Burlingame seinen Höhepunkt gefunden, der täuscht. Während man in Das Spiel jedoch vielleicht noch nachvollziehen kann, dass Jessie in der Einsamkeit ihrer Hütte und dem Wahnsinn nahe beginnt, verschiedene Stimmen zu hören, ist Tess die Evolutionsleiter der Schizophrenie noch ein paar Sprossen höher geklettert: Sie hört diese Stimmen nicht nur; sie spricht sie laut aus und führt so Diskussionen mit ihrer Katze, dem Navi im Auto (namens Tom!) oder einer Leiche. Nun stelle man sich diese Szene einmal bildlich vor: Tess beugt sich über eine Leiche und spricht mit ihr, verstellt dann ihre Stimme und lässt die Leiche antworten. Wer, bitte schön, kann Tess nun noch ernst nehmen? Mir zumindest gelang es nicht, und als eine dieser Stimmen sie auch noch rettet und die Handlung am Ende in eine neue Richtung lenkt, war ich endgültig tierisch genervt.

Fazit: Eine Novelle mit durchaus starken Sequenzen, die viele Fragen aufwirft und zum Nachdenken anregt, der aber durch handwerkliche Fehlentscheidungen des Autors der Wind aus den Segeln genommen wird.