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Das Pfefferkuchen-Mädchen: Rezension: Unterschied zwischen den Versionen

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In ''Das Pfefferkuchen-Mädchen'' stürzt uns King nach einem kurzen dramatischen Vorgeplänkel in eine Nonstop-Actionszene. Dabei zeigt er mal sich mal wieder gewohnt gnadenlos - in den ersten Kapiteln macht er Em psychisch fertig, in den folgenden geht es ihr dann physisch an den Kragen. Und was das Überraschende ist - beides funktioniert. Die erste Hälfte, die so leicht ein billiges Abklappern von Klischees über Ehestreit und ein totes Kind hätte werden können, wird so einfühlsam-realistisch heruntererzählt, dass ich nicht anders konnte, als mit unserer Protagonistin mitzuleiden, wenn sie versucht ihren Problemen davonzulaufen. Die - psychologisch recht simple - Verbindung zu Jim als äußere Bedrohung, der man tatsächlich zu Fuß entkommen kann, liegt zwar auf der Hand, bleibt aber zum Glück nur Andeutung. So fand ich es auch sehr erfrischend, dass King hier auf einen abschließenden "Und alles war gut"-Epilog verzichtet. Der Leser kann sich seine eigene Meinung bilden, ob Ems Probleme mit ihrem Verfolger verschwinden und ob sie nach dieser unfreiwilligen Schock-Therapie erstmal genug vom Laufen hat.
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In ''Das Pfefferkuchen-Mädchen'' stürzt uns King nach einem kurzen dramatischen Vorgeplänkel in eine Nonstop-Actionszene. Dabei zeigt er sich mal wieder gewohnt gnadenlos - in den ersten Kapiteln macht er Em psychisch fertig, in den folgenden geht es ihr dann physisch an den Kragen. Und was das Überraschende ist - beides funktioniert. Die erste Hälfte, die so leicht ein billiges Abklappern von Klischees über Ehestreit und ein totes Kind hätte werden können, wird so einfühlsam-realistisch heruntererzählt, dass ich nicht anders konnte, als mit unserer Protagonistin mitzuleiden, wenn sie versucht ihren Problemen davonzulaufen. Die - psychologisch recht simple - Verbindung zu Jim als äußere Bedrohung, der man tatsächlich zu Fuß entkommen kann, liegt zwar auf der Hand, bleibt aber zum Glück nur Andeutung. So fand ich es auch sehr erfrischend, dass King hier auf einen abschließenden "Und alles war gut"-Epilog verzichtet. Der Leser kann sich seine eigene Meinung bilden, ob Ems Probleme mit ihrem Verfolger verschwinden und ob sie nach dieser unfreiwilligen Schock-Therapie erstmal genug vom Laufen hat.
  
Bei einer so spannungsgetrieben Story ist es natürlich immer wichtig, dass der Autor sich an nachvollziehbare Regeln hält. Und King hält sowohl die Entführung, als auch die spektakuläre Flucht nett realistisch. Nur gelegentlich stolpert er in Klischee-Fallen, um die man wohl auch nicht herumkommt - zum Beispiel dass der erfahrene Mörder Jim sein neuestes Opfer gerade lang genug unbeaufsichtigt zurücklässt, dass sie sich schnell befreien kann und wie locker sie einen Sprung aus dem Fenster wegsteckt. Aber das sind erst im Nachhinein Probleme, die in der atemlosen Spannung des ersten Lesens gar nicht auffallen. King scheucht uns ziemlich gnadenlos von Etappe zu Etappe und von Höhepunkt zu Höhepunkt. Und jedes Mal wenn man das Gefühl hat, Em hätte es geschafft - Sie hat sich vom Stuhl befreit! Sie ist aus dem Haus entkommen! Sie hat einen hilfsbereiten Fremden am Strand gefunden! - findet er einen Weg die Daumenschrauben wieder anzuziehen.
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Bei einer so spannungsgetrieben Story ist es natürlich immer wichtig, dass der Autor sich an nachvollziehbare Regeln hält. Und King hält sowohl die Entführung, als auch die spektakuläre Flucht nett realistisch. Nur gelegentlich stolpert er in Klischee-Fallen, um die man wohl auch nicht herumkommt - zum Beispiel wenn der erfahrene Mörder Jim sein neuestes Opfer gerade lang genug unbeaufsichtigt zurücklässt, dass sie sich schnell befreien kann und wie locker sie einen Sprung aus dem Fenster wegsteckt. Aber das sind erst im Nachhinein Probleme, die in der atemlosen Spannung des ersten Lesens gar nicht auffallen. King scheucht uns ziemlich gnadenlos von Etappe zu Etappe und von Höhepunkt zu Höhepunkt. Und jedes Mal wenn man das Gefühl hat, Em hätte es geschafft - Sie hat sich vom Stuhl befreit! Sie ist aus dem Haus entkommen! Sie hat einen hilfsbereiten Fremden am Strand getroffen! - findet er einen Weg die Daumenschrauben wieder anzuziehen.
  
 
Dieses Tempo geht dann leider etwas auf Kosten der Charakterzeichnung. So bleibt Jim während der Verfolgungsjagd auch narrativ etwas auf der Strecke. Er bekommt neben einem - zugegebenermaßen ganz geschickt gemachten - Schurkenmonolog nicht wirklich viel Charaktertiefe und bleibt einfach ein Verrückter, der reihenweise Menschen umbringt, während er nach außen eine perfekte Fassade aufrechterhält. Das ist zwar wahrscheinlich nicht wirklich unrealistisch, aber storytechnisch ein bisschen dünn. Trotzdem funktioniert Jim als düstere äußere Bedrohung ziemlich gut - und sein Ende ist tatsächlich befriedigend. Auch wenn immer noch nicht ganz klar ist, warum ein Mann mit einer so ausgeprägten Wasserphobie ausgerechnet auf einer Insel wohnen will. Mein letzter - und wahrscheinlich unwichtigster - Kritikpunkt ist der Titel. Tatsächlich ist das ''Pfefferkuchenmädchen'' mal einer der seltenen Fälle bei denen ich mir eine etwas freiere Übersetzung gewünscht hätte. Zum einen finde ich es im deutschen noch befremdlicher als im Original eine erwachsene Frau als "Mädchen" zu bezeichnen. Zum anderen hatte ich vorher noch nie vom anscheinend so berühmten Pfefferkuchenmann-Märchen gehört. Mit einem Titel, der nicht ganz so nach Zauber-Fantasywelt klingt, hätte ich mich wahrscheinlich schon früher an die Geschichte gemacht.
 
Dieses Tempo geht dann leider etwas auf Kosten der Charakterzeichnung. So bleibt Jim während der Verfolgungsjagd auch narrativ etwas auf der Strecke. Er bekommt neben einem - zugegebenermaßen ganz geschickt gemachten - Schurkenmonolog nicht wirklich viel Charaktertiefe und bleibt einfach ein Verrückter, der reihenweise Menschen umbringt, während er nach außen eine perfekte Fassade aufrechterhält. Das ist zwar wahrscheinlich nicht wirklich unrealistisch, aber storytechnisch ein bisschen dünn. Trotzdem funktioniert Jim als düstere äußere Bedrohung ziemlich gut - und sein Ende ist tatsächlich befriedigend. Auch wenn immer noch nicht ganz klar ist, warum ein Mann mit einer so ausgeprägten Wasserphobie ausgerechnet auf einer Insel wohnen will. Mein letzter - und wahrscheinlich unwichtigster - Kritikpunkt ist der Titel. Tatsächlich ist das ''Pfefferkuchenmädchen'' mal einer der seltenen Fälle bei denen ich mir eine etwas freiere Übersetzung gewünscht hätte. Zum einen finde ich es im deutschen noch befremdlicher als im Original eine erwachsene Frau als "Mädchen" zu bezeichnen. Zum anderen hatte ich vorher noch nie vom anscheinend so berühmten Pfefferkuchenmann-Märchen gehört. Mit einem Titel, der nicht ganz so nach Zauber-Fantasywelt klingt, hätte ich mich wahrscheinlich schon früher an die Geschichte gemacht.
  
Fazit: Eine Kurzgeschichte wie ein Runner's High - hektisch, aufreibend, aber es lohnt sich.
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Fazit: Eine Kurzgeschichte wie ein Runner's High - hektisch und aufreibend, aber es lohnt sich.
  
 
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Aktuelle Version vom 23. Januar 2019, 12:12 Uhr

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Andreas (5/5)

Ist es schon wieder über ein halbes Jahr her, seit diese Kurzgeschichte veröffentlich wurde? Unglaublich vor allem auf Grund der Begleiterscheinungen, die zum Erwerb der Geschichte geführt haben, aber das ist eine Geschichte für einen anderen Ort.

King selbst bewegt sich ebenfalls nicht in seiner gewohnten Umgebung. Seine "Drohung", einige Geschichten in Florida zu spielen macht er hier zum wiederholten Male wahr. Es ist auch keine "normale" Geschichte in dem Sinne. Es gibt keine Übernatürlichkeiten. Was uns hier präsentiert wird ist ein durchaus realer Plot. Angefangen mit der Vorgeschichte von Emily, über ihre Begegnung mit Jim Pickering und dessen Hobby.

Es ist dennoch eine Geschichte voller Gewalt und Spannung. Und sind wir doch mal ehrlich: Im Kern wollen wir das von King doch auch lesen, oder? Es sind diese verschiedenen Kämpfe, die Emiliy bestehen muss. Der gegen Jim ist der physische, der gegen ihre ganz eigenen Dämonen der psychische.

Wow, King schafft es wieder, realen Schrecken zu verbreiten. Erneut, die Frage zu beantworten, was wäre wenn...? Und das auf so unnachahmliche Weise, so dass auch wiederholtes Lesen Spaß macht. Ich hoffe, dass diese Geschichte nicht durch die Übersetzung zerstört wird. Ich hoffe, dass auch ausschließlich auf deutsch lesende Fans eine gleichwertige deutsche Fassung zu lesen bekommen.

Croaton (5 / 5)

Stephen Kings Geschichte Das Pfefferkuchen-Mädchen kondensiert auf engstem Raum eine unwahrscheinliche Vielzahl von Emotionen: Trauer (Ems Verlust ihres Kleinkindes), Zorn (der Streit mit ihrem Ehemann), Verdrängung (die Flucht in das Joggen), Liebe (die Verbindung zu ihrem Vater), Angst und Panik (die Gefangenschaft bei Pickering) und schließlich Triumph (ihr Sieg gegen den Psychopathen).

Die Geschichte zerfällt - übrigens ähnlich wie der spätere Roman Wahn - in zwei Teile: Wie auch Edgar Freemantle braucht Emily einen Ortswechsel, wie auch er sucht sie sich Florida aus, wie auch er lenkt sie sich dadurch ab, dass sie den Strand entlang joggt (okay, Edgar humpelte eher, aber die Grundidee ist dieselbe). Und wie auch er stolpert sie etwa zur Mitte der Story in einen Alptraum. Doch Ems Alptraum ist kein mystisches Wesen wie Perse - Pickering ist ein nur allzu realer Mensch aus Fleisch und Blut, der sie spielend in seine Gewalt bringt und anfangs übermenschlich wirkt.

Mare Winningham gelingt es, ihn auf der Hörbuch-Version fast seelenlos erscheinen zu lassen - wenn sie ihn spricht, glaubt der Zuhörer mehr noch als beim Lesen, dass eine Flucht Ems aussichtslos sein muss. Aber Em kann fliehen (in einer Szene, die - man muss es zugeben - Dean Koontz' Roman Intensity abgekupfert ist, wo die Gefangene sich auf dieselbe Art von ihrem Stuhl befreit) und setzt Pickering ihre neu erlangte Waffe entgegen: ihre Stärke beim Rennen. Dass Pickering eine Wasserphobie hat, ist zwar nicht sehr glaubwürdig, aber King zieht es durch - am Ende ist es gerade dieser Gag, der einem in Erinnerung bleiben wird.

Fazit: Eine Geschichte zum immer wieder Erleben; das Hörbuch sei ebenfalls wärmstens empfohlen.

Wörterschmied (5 / 5)

Ich wollte anfangs nur 4 Punkte geben, schließe mich aber doch meinen Vorrednern an: Das Pfefferkuchen-Mädchen ist eine Kurzgeschichte ohne grobe Abzüge. Sowohl die emotionale Seite, die Kings neuere Werke (Wahn, Love) auszeichnet, als auch die altbekannte Seite des realen Horros (Shining, Cujo und vor allem: Sie) gehen hier mehr als eine Vernunftehe ein.

Bereits mit Fran Goldsmith aus Das letzte Gefecht und Mia aus dem Dunklen Turm Zyklus hat King bewiesen, dass er sich nicht nur in Serienmörder und Alkoholiker, die bis beer o'clock arbeiten, hineindenken kann, sondern auch Gefühle und Ängste von schwangeren Frauen darstellen kann. Ems Flucht ist mehr als nur eine metaphorische Flucht - viele Menschen nutzen das Joggen und Sporttreiben als Mittel zur Verdrängung.

Aber vor allem zwei Dinge machen diese Geschichte besonders:

  1. Mit Ems Fluchtversuch beginnt eine durchgängige Passage voller Handlung - Action auf hochdeutsch. Die Verfolgungsjagd erfindet sich ständig neu: aus der Küche!, durch das Fenster!, über den Strand!, in die Wellen! Doch hält der Realismus dem Marschtempo Stand: In welchen Filmen haben wir bis jetzt gesehen, dass sich eine aus dem Fenster springende Person, zu nächst in eine Schutzdecke einhüllt und daran denkt, die Knie locker zu lassen?
  2. Der größte Horror ist Hilflosigkeit - vor allem, wenn die Hilfe in greifbarer Nähe scheint. Paul Sheldon, der von seiner Krankenschwester Annie Wilkes gezwungen wird, das Putzwasser zu trinken, nachdem er Schmutz verursacht hat - weiß, was Hilflosigkeit ist. Ems Hilfe, ein nur Spanisch sprechender Mann, versteht ihr Problem nicht und liefert sie ungewollt ihrem Missetäter aus. Mit dieser Szene schafft King eine Horror-Situation, die so hautnah ist, dass man beim Lesen Losschreien möchte.

King knüpft hiermit an die alten Horror-Kurzgeschichten (Der Affe, Das Floß) nahtlos an und scheint immer wieder einen noch höheren Trumpf aus dem Ärmel zu zaubern. Ohne Abzüge: 5 von 5 Punkten!

Kurt Barlow (4 / 5)

Ganz so überragend fand ich diese neue Kurzgeschichte von King dann doch nicht. Zunächst mal fängt die Story relativ King-typisch an: Etwas schreckliches innerhalb einer Familie ist passiert und nun rebelliert der weibliche Part des vorher glücklichen Paares gegen das Leben - und das sich was ändern muss. Diese Frau namens Em lernt das laufen für sich kennen und joggt fortan bis zum persönlichen Tiefpunkt, der sich in Ohnmacht mitten auf einer Strecke äußert. Als Ihr Mann dann auch noch die falschen Worte sagt und Em generell langsam auf die Nerven geht, beschließt Sie, dass sich entgültig was ändern muss. Sie ergreift sprichwörtlich die Flucht vor Ihrem Leben und zieht zeitweise auf eine Insel in das Ferienhaus Ihres Vaters. Aber wie es kommen muss entpuppt sich ein Mitbewohner auf der Insel als mörderischer Psychopat.

Mit Em schafft King einen mehr oder weniger nachvollziehbaren Charakter, der sich trotz der schlimmen Sachen, die passiert sind, nicht so recht in das Herz des Lesers einfügen will. Zumindestens ich konnte Sie mir nicht sonderlich sympathisch vorstellen. Nichtmal als der verrückte Killer Jim sie anfängt verbal und beinahe auch körperlich zu foltern - so richtig Mitleid hatte ich nun nicht mit Ihr. Ein Wort zu Jim: Das ist der typische Bekloppte aus Kings Feder, den man sich immer irgendwie gut vorstellen kann und der einem Gänsehaut bereitet. Aber wenn wir mal ehrlich sind ist Jim jetzt auch nicht die beste Figur Kings, da hatten wir schon weitaus komplexere Bösewichte vor Augen; mal abgesehen davon dass Jim auch nicht wirklich "neu" rüberkommt. Er bewegt sich zwar mit der Schnelligkeit einer Katze, aber was er sagt, was er wahrscheinlich denkt und fühlt, dass alles kann man sich selbst vorstellen. Spielraum in den Gedanken des Lesers über diese Figur gibt es kaum.

Das Ende ist dann allerdings relativ unerwartet. Am Strand flieht Em verzweifelt vor Jim, bis schließlich ein Intermezzo passiert: Ein unscheinbarer Mann will Em helfen, riecht sofort Lunte was das Verhalten Jims angeht und stirbt schließlich auf unschöne Art und Weise. Nur leider wirkt das arg aufgesetzt, als ob King seinen Fans mal wieder etwas blutige Unterhaltung schenken wollte. Letzendlich zeigt das zwar, wie grausam Jim wirklich ist, aber mit diesem Gemetzel hat man nicht wirklich etwas originelles geschaffen.

Das grundlegende Problem der Geschichte ist seine stellenweise merkwürdige Vorgehensweise. Jim rutscht auf den Eiswürfeln aus, die der Kühlschrank abgesondert hat (Hat mich ein wenig an Kevin allein zuhaus erinnert) und Em feuert allen Ernstes einen Schreibtisch durch das befreiende Fenster. Tut mir Leid, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man in so einer Situation so etwas vollbringen kann. Em war schon halbwegs fertig durch Ihre Befreiung aus Jims "Stuhl-Gefängnis", dem anschließenden Kampf gegen Jim und der Flucht in das Schlafzimmer. Und dann schmeißt sie einen Schreibtisch durch ein Fenster? War der Schreibtisch aus Pappe oder was?

Aber ich will jetzt die Geschichte nicht schlecht reden, denn sie stell trotzdem ein kleines Highlight innerhalb von "Sunset" da. Denn sie ist trotzdem recht spannend und liest sich auch flüssig in einem Rutsch. Und trotz der kleinen Ungereimheiten und der stellenweise aufkommenden Unlogik, die sich in der Verhaltensweise der Protagonisten äußert, hat King hier ein solides Werk abgeliefert.

Horaz Klotz (4 / 5)

In Das Pfefferkuchen-Mädchen stürzt uns King nach einem kurzen dramatischen Vorgeplänkel in eine Nonstop-Actionszene. Dabei zeigt er sich mal wieder gewohnt gnadenlos - in den ersten Kapiteln macht er Em psychisch fertig, in den folgenden geht es ihr dann physisch an den Kragen. Und was das Überraschende ist - beides funktioniert. Die erste Hälfte, die so leicht ein billiges Abklappern von Klischees über Ehestreit und ein totes Kind hätte werden können, wird so einfühlsam-realistisch heruntererzählt, dass ich nicht anders konnte, als mit unserer Protagonistin mitzuleiden, wenn sie versucht ihren Problemen davonzulaufen. Die - psychologisch recht simple - Verbindung zu Jim als äußere Bedrohung, der man tatsächlich zu Fuß entkommen kann, liegt zwar auf der Hand, bleibt aber zum Glück nur Andeutung. So fand ich es auch sehr erfrischend, dass King hier auf einen abschließenden "Und alles war gut"-Epilog verzichtet. Der Leser kann sich seine eigene Meinung bilden, ob Ems Probleme mit ihrem Verfolger verschwinden und ob sie nach dieser unfreiwilligen Schock-Therapie erstmal genug vom Laufen hat.

Bei einer so spannungsgetrieben Story ist es natürlich immer wichtig, dass der Autor sich an nachvollziehbare Regeln hält. Und King hält sowohl die Entführung, als auch die spektakuläre Flucht nett realistisch. Nur gelegentlich stolpert er in Klischee-Fallen, um die man wohl auch nicht herumkommt - zum Beispiel wenn der erfahrene Mörder Jim sein neuestes Opfer gerade lang genug unbeaufsichtigt zurücklässt, dass sie sich schnell befreien kann und wie locker sie einen Sprung aus dem Fenster wegsteckt. Aber das sind erst im Nachhinein Probleme, die in der atemlosen Spannung des ersten Lesens gar nicht auffallen. King scheucht uns ziemlich gnadenlos von Etappe zu Etappe und von Höhepunkt zu Höhepunkt. Und jedes Mal wenn man das Gefühl hat, Em hätte es geschafft - Sie hat sich vom Stuhl befreit! Sie ist aus dem Haus entkommen! Sie hat einen hilfsbereiten Fremden am Strand getroffen! - findet er einen Weg die Daumenschrauben wieder anzuziehen.

Dieses Tempo geht dann leider etwas auf Kosten der Charakterzeichnung. So bleibt Jim während der Verfolgungsjagd auch narrativ etwas auf der Strecke. Er bekommt neben einem - zugegebenermaßen ganz geschickt gemachten - Schurkenmonolog nicht wirklich viel Charaktertiefe und bleibt einfach ein Verrückter, der reihenweise Menschen umbringt, während er nach außen eine perfekte Fassade aufrechterhält. Das ist zwar wahrscheinlich nicht wirklich unrealistisch, aber storytechnisch ein bisschen dünn. Trotzdem funktioniert Jim als düstere äußere Bedrohung ziemlich gut - und sein Ende ist tatsächlich befriedigend. Auch wenn immer noch nicht ganz klar ist, warum ein Mann mit einer so ausgeprägten Wasserphobie ausgerechnet auf einer Insel wohnen will. Mein letzter - und wahrscheinlich unwichtigster - Kritikpunkt ist der Titel. Tatsächlich ist das Pfefferkuchenmädchen mal einer der seltenen Fälle bei denen ich mir eine etwas freiere Übersetzung gewünscht hätte. Zum einen finde ich es im deutschen noch befremdlicher als im Original eine erwachsene Frau als "Mädchen" zu bezeichnen. Zum anderen hatte ich vorher noch nie vom anscheinend so berühmten Pfefferkuchenmann-Märchen gehört. Mit einem Titel, der nicht ganz so nach Zauber-Fantasywelt klingt, hätte ich mich wahrscheinlich schon früher an die Geschichte gemacht.

Fazit: Eine Kurzgeschichte wie ein Runner's High - hektisch und aufreibend, aber es lohnt sich.


V E Artikel über Das Pfefferkuchen-Mädchen
KurzgeschichteInhaltsangabeRezensionenKurzgeschichtensammlung • Coverpage
Charaktere: Deke HollisRusty JacksonNicoleEmily OwensbyHenry OwensbyJim Pickering
Schauplätze: FloridaVermillion Key
Sonstiges: Spanisches Gespräch in Das Pfefferkuchen-MädchenThe Gingerbread Man